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  • AutorenbildMarina

Schreibpraktiken als Weg, sich selbst zu verstehen – VISIYA

Aktualisiert: 25. Feb.

Viele Menschen haben von der therapeutischen Wirkung des Tagebuchs gehört. Sie glauben zu wissen, wie man das Beste aus der Selbstanalyse herausholt. Tatsächlich ist bei anderen Schreibpraktiken alles etwas komplizierter. Nicht alle Tagebucheinträge haben eine therapeutische Wirkung, nicht alle Tagebuchsysteme sind nützlich, und auch ihre Aufgaben sind unterschiedlich.



Wie unterscheiden sich therapeutische Schreibpraktiken?


Therapeuten warnen davor, dass unstrukturiertes, zeit- und thematisch unbegrenztes Schreiben für stark traumatisierte Menschen gefährlich ist. Meist können sie den Moment nicht erkennen, an dem sie aufhören müssen, um sich nicht mehr in ein schmerzhaftes Thema zu vertiefen.


Die Psychotherapeutin Kathleen Adams (Journal to the Self) bemerkte dies und schlug einigen ihrer Klienten ein einfaches Vorgehen vor: Als Schreibübung mussten sie nur einen Satz vervollständigen wie „Im Moment möchte ich ...“, „Meine größte Angst ist ...“, „Heute fühle ich mich …“. Hatten die Klienten Lust, einen Gedanken preiszugeben, hat Kathleen 5 Minuten vorgegeben – genau so viel reicht ihrer Meinung nach aus, damit das Geschriebene therapeutisch wirkt, ohne die Psyche zu gefährden.


Diese Regel kann sich jeder zu eigen machen, der mit dem Tagebuchschreiben beginnt, aber Angst vor deprimierender Wirkung hat. Ein Tagebuch ist kein Ort, um mehr aus sich herausholen zu müssen. Doch sogar kurze, regelmäßige Einträge werden für die Analyse der aktuellen psychischen Verfassung nützlich sein.


Interessant sind auch therapienahe Onlinedienste, die das Schreiben von 280 Zeichen bis 750 Wörtern pro Tag anbieten. Tatsächlich unterscheiden sie sich nicht von einem normalen persönlichen Tagebuch, abgesehen von einem etwas komplexeren Motivationssystem. 750 Wörter sind drei Seiten Text und lang genug, dass der Autor zu tief in seine schmerzhaften Erfahrungen eintaucht.




Wie wählst du eine Technik, die nicht schädlich ist?


Es gibt viele Methoden, ein Tagebuch zu führen. Es steht dir frei, sie alle wenigstens auszuprobieren. Wenn du dir nicht sicher bist, ob das Tagebuch überhaupt was für dich ist, kannst du es mit einfachen Techniken wie Listen versuchen („100 Dinge, die ich schätze.“, „100 Wege, wie ich anderen helfe.“). Es klingt sehr naiv und gleichzeitig großartig, denn gerade aufgrund des Umfangs werden sowohl die Logik als auch die unterbewussten Mechanismen aktiviert.


Du kannst etwa anonyme Briefe schreiben. Sie helfen, mit schweren, starken Emotionen fertig zu werden, die du aus verschiedenen Gründen nicht an einer bestimmten Person auslassen möchtest. Das bekannte Mindmapping kann ebenfalls für ein Tagebuch eingesetzt werden (in Situationen, in denen es auf eine coole Lösung oder neue Ideen ankommt, sind solche Maps genau richtig).


Bei deiner eigenen Recherche solltest du vorsichtig sein, wenn Quellen ein unbegrenztes Schreiben (freies Schreiben) empfehlen. Diese Technik kann schädlich sein, wenn die Person eine traumatische Situation verarbeiten möchte oder sich in einem depressiven Zustand befindet. Aber freies Schreiben fördert dagegen Kreativität und lässt deinen Gedanken freien Lauf.


Die Empfehlungen zum Führen von Tagebüchern sind überall mehr oder weniger gleich. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass das Tagebuch primär da ist, damit du dich besser fühlst. Sprich, jede langfristige Verschlechterung deiner Stimmung ist Grund genug, das Schreiben (zumindest vorübergehend) einzustellen oder eine andere Technik zu wählen.


Schreibe am besten, wenn du entspannt bist, an einem ungestörten Ort und zu einem Zeitpunkt, an dem du keine Gedanken über die unerledigten Aufgaben machst. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für jede Tagebuchtechnik ist die Ehrlichkeit zu sich selbst. Daher stelle sicher, dass niemand dein Tagebuch findet. Neben der Ehrlichkeit sollst du beachten, dass dein persönlicher Text stilistisch nicht optimal sein muss. Er darf Fehler, fehlende Satzzeichen und Fremdwörter enthalten. Hauptsache, er vermittelt möglichst genau das, was du mitteilen möchtest.


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